"Ich verbinde mit diesem Buch die Hoffnung, dass die Worte darin ein weite­rer Schritt auf dem Weg sind, der Wahrheit die Ehre zu geben und damit die Macht zu entmachten. Hinter den Stand kann nun keiner mehr zurück. Das ist enorm wichtig. Ich bin sicher, dass der "Unheilige Berg" nun die Gespräche auf eine neue Ebene heben wird. Er ist ein Meilenstein in der Debatte."

Pater Godehard Brüntrup SJ

 

 

"Ich glaube, dass Sie ein wichtiges Buch geschrieben haben, gerade auch weil es an manchen Stellen "unbequem" ist."
Stefan Vesper, Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken

 

 

"Herausgekommen ist eine genaue und atemberaubende Analyse von Strukturen und „Kulturen“, die den Missbrauch ermöglicht haben. Ein wichtiges, hochaktuelles und spannend zu lesendes Buch!"

Claudia Igney, Vielfalt e. V.

 

 

„Es gibt nur wenige, so wie Ebba Hagenberg-Miliu, die sich dem Thema stellen und langfristig dran bleiben. Mögen aus solchen Büchern einmal Bestseller werden!"
Norbert Denef, Vorsitzender von netzwerkB

 

 

„Dieses Buch ist ein Baustein für das Projekt einer ge­samtgesellschaftlichen Aufarbeitung der Gewalt gegen Kinder und des Missbrauchs von Kindern."

Matthias Katsch, Sprecher des Eckigen Tischs

 

 

"Das vorliegende Buch ist ein Meilenstein der Aufklärung über die Miss­brauchsfälle am Aloisiuskolleg. Ohne die Betroffenen, die darin sprechen, ist die weitere Aufarbeitung nicht möglich. "

Heiko Schnitzler, Geschäftsführer des Eckigen Tischs

 

 

 

"Das Buch vermittelt im Unterschied zu den wissenschaftlichen Studien über den Missbrauch am Aloisiuskolleg die Ich-Perspektive der Betroffenen. Es wird bei uns im Haus eine gewichtige Rolle spielen. Es gibt keinen Schlussstrich. Für mich ist es eine Wunde, dass sich nur der frühere AKO-Rektor Pater Theo Schneider als Autor verweigert hat."

Pater Johannes Siebner SJ, AKO-Rektor

 

 

 

"Herzlichen Glückwunsch zu der Herausgeber-Leistung und auch der Gesamtleistung der  Jahre seit 2010."

Pater Klaus Mertes SJ

 

 

 

 

“Das Buch ist die erste Tat einer wirklich gerechten Aufarbei-

tung. Erstmals werden Missbrauchsopfer, die Politik und die Institution, an der sich die Taten abspielten, an einem Ort zusammengeführt, der für jeden zugänglich ist: in einem Buch für jedermann.”

Simon Kolter, 15, Chefredakteur der Schülerzeitung des Aloisiuskollegs

 

 

 

"Der "Unheilige Berg" ist ein Pionierwerk, das detailliert  Machtmissbrauch an einer deutschen Schule beschreibt."

Anselm Neft, Schriftsteller

 

 

 

„Ich finde, dass es ein großartiges Buch geworden ist.
Besonders die "Breite" der Autorinnen und Autoren beeindruckt mich und zeigt, wie gut Sie als Interviewpartnerin angenommen worden sind und in welchem Umfang Ihre journalistische Arbeit anerkannt ist."

Professor Arnfried Bintig

 

 

 

"In "Unheiliger Berg" wird der Machtmiss-brauch am Ako aus allen Perspektiven analysiert: von Betroffenen und Angehörigen, Mitschülern, Vertretern von Schule, Internat und Orden, von Politik, Justiz und Opferschutz."

Bettina Köhl, General-Anzeiger Bonn

 

 

 

"Ein hervorragendes Buch hat die Bonner Kollegin Ebba Hagenberg-Miliu da herausgegeben: Da kann man viel darüber lernen, wie im Jesuitenorden mit dem Thema umgegangen wurde und wird."

Christoph Fleischmann, Journalist

 

 

 


"... Wie sehr die Opfer auch Jahre nach dem Missbrauch noch lei-

den, hat gerade erst ein neu erschienenes Buch mit dem Titel „Unheiliger Berg“ eindrücklich dar-

gelegt."

Walter Bau, WAZ

 

 

 

 

"Das Ergreifende auf 288 Seiten sind die Darstellungen ehemaliger Opfer und ihrer Angehörigen. Ihre Scham vor Entdeckung auf der einen Seite und die perfide Vorgehensweise insbesondere des ehemaligen Schulleiters, um sich seinen Opfern anzunähern."

Philipp Königs, Bonner Rundschau

Aktuell

Foto: Patrick Bauer vor Gedenkstein auf dem Patresfriedhof des Aloisiuskollegs (Ebba Hagenberg-Miliu)

 

General-Anzeiger Bonn, 27. Februar 2023

 

Jesuiten geben auf Gedenktafel Unrecht zu

Dem Leid missbrauchter Schüler stellt sich der Jesuiten-orden mit einem Erinnerungsstein am Aloisiuskolleg in Bonn-Bad Godesberg. Für die Gruppe der Opfer bedeutet das erst den Beginn des Gedenkens. 

 

https://ga.de/bonn/bad-godesberg/aloisiuskolleg-bad-godesberg-jesuiten-geben-auf-gedenktafel-unrecht-zu_aid-85034777

 

 

 

Online-Lesung

 

Was bedeutet es für einen Menschen, als Kind Opfer von Missbrauch geworden zu sein?

Wie kann Aufarbeitung gelingen?

 

Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte greife ich bei einer Online-Lesung aus meinem Buch "Unheiliger Berg" Beispiele heraus.

 

Dienstag, 25. Mai, ab 19 Uhr

 

Damit startet das neue Lesecafé des Bonner Quartiersmanagements Lannesdorf. 

Anmeldung unter: quartiersmanagement@frauenhilfe-rheinland.de. Dort erhält man den Link.

 

 

 

 

 

Zwei Buchrezensionen bei Amazon, die ich jetzt sah: 

 

Nr 1:

Über einen Freund, der in den 80ern Schüler des Aloisiuskollegs gewesen ist, bin ich auf „Unheiliger Berg“ gestoßen und habe mich festgelesen. Es ist ein merkwürdiges Buch: Es sieht aus wie ein trockenes Wissenschaftsbuch, ist aber weder das, noch ist es ein effektheischendes „Aufdeckungsbuch“. Vielmehr hat die Herausgeberin Texte rund um das Thema „Missbrauch an einer Bonner Eliteschule“ gesammelt und in eine Ordnung gebracht.

 

Die Stärke des Buches besteht für mich darin, dass so viele verschiedene Menschen zu Wort kommen. Stück für Stück ergibt sich eine Gesamtschau auf das Phänomen. Anfangs fand ich das Thema gar nicht so interessant. Und wäre mein Freund nicht gewesen, hätte ich es mir vermutlich erspart. Dann war es aber so: Je mehr ich gelesen habe, desto mehr habe ich verstanden und desto spannender wurde die Sache. Ehrlich: Die Ereignisse rund um das Aloisiuskolleg lesen sich wie ein Krimi, wenn man einmal eingetaucht ist.

 

Dabei sind die Beiträge sehr unterschiedlich: Von krassen Betroffenenberichten über nüchterne Faktenaufzählungen bis hin zu salbungsvollen Jesuitenworten und einem langen Frage-Antwort-Spiel zwischen einem Betroffenen und dem aktuellen Internatsleiter. Im letzten Teil wird die Perspektive durch die Texte von Opferanwälten und Expertinnen erweitert auf die Stadtpolitik und die gesamte Gesellschaft. Das mag jetzt geschmacklos klingen, aber man könnte aus dem Missbrauchsskandal am AKO eine vielschichtige, hochwertige US-Serie á la The Wire machen, eben weil so viele gesellschaftliche Aspekte berührt werden.


Es kommt zu ein paar Wiederholungen in dem Buch, die mich aber nicht gestört haben. Im Gegenteil: die haben mir dabei geholfen, diese erstmal fremde Welt besser zu verstehen. Das Buch ist recht teuer, aber eben auch einzigartig. Und es ist gut aufgemacht, inklusive Literaturtipps und Register. Ich denke, jeder der sich für Macht und Machtmissbrauch, Vertuschung bzw. Ignorieren und Aufdeckung/Aufklärung interessiert, sollte einen Blick in „Unheiliger Berg“ werfen.

 

 

Nr. 2:

Das Buch „Unheiliger Berg“ liest man nicht einfach zwischen Tür und Angel. Man liest es auch nicht auf dem Arbeitsweg im Nahverkehr. Was die Journalistin Ebba Hagenberg – Miliu sowie die Autorinnen und Autoren des Buchs über den Missbrauchsskandal am Bonner Aloisiuskolleg dokumentieren, verlangt ein breites Kreuz und eine dicke Haut. Denn das Buch „Unheiliger Berg“ nimmt sehr deutlich die Perspektive der betroffenen Menschen ein.

Für den Leser ist diese Perspektive eine Herausforderung. Denn sehr konkret beschreiben die Betroffenen , wie ihre persönliche Integrität verletzt wurde. Publizistin Ebba Hagenberg-Miliu zeigt schon bei den einleitenden Worten die Brisanz der Ereignisse und deren Aufarbeitung in einem Buch auf: „Dieses Buch zeigt, dass es letztlich allen seinen Autoren darum geht, jeglichem Machtmissbrauch auf dem Heiligen Berg die Rote Karte zu zeigen. Und den Betroffenen das Leben endlich lebenswert zu machen. Wie destruktiv erlebter Missbrauch heute noch wirkt, wurde mir übrigens während der Buchproduktion erneut schmerzhaft klar: als einer der Betroffenen sich das Leben zu nehmen versuchte.“

 

 

 

 

General-Anzeiger Bonn, Journal, 30. März 2018

„Er meinte mich“

Missbrauchstrauma und Verdrängung: Anselm Neft, Absolvent des Bonner Aloisiuskollegs, legt seinen fünften Roman „Die bessere Geschichte“ vor

Von Ebba Hagenberg-Miliu

Das Grauen frisst sich ganz langsam ins Leben des 13-jährigen Tilmann. Zaghaft nimmt der Ich-Erzähler in Anselm Nefts fünftem Roman „Die bessere Geschichte“ Fühlung mit diesem abgehobenen Privatgymnasium, dieser „Freak-Schule“, auf. In deren Internat hat ihn sein emotionsamputierter Vater oder besser gesagt dessen neue forsche Partnerin gerade abgeschoben. Der nach dem Tod der Mutter einsame Junge ist sich auf peinliche Weise seines Zustands bewusst: Dünn, auf mädchenhafte Weise hübsch, wortkarg und unsicher, wird er es als absonderlicher Edgar-Allan-Poe-Leser schwer haben, sich in diesem schlossartigen autarken Haus einzufügen.

 

Doch schon beim Erstbesuch mit dem ungeduldigen Vater wird der scheue Junge vom Schulleiterpaar so unverhohlen beäugt, dass das halbe Kind sich plötzlich beachtet, ja erwartet fühlt. „Er meinte mich. Er erkannte mich“, freut sich das fassungslose Jüngelchen über die Signale des Leiters. Zumal der sich als charismatischer Typ mit „üppig sprießendem Brusthaar“ entpuppt. Erwartungsfroh streift Tilmann sein quälend langweiliges Zuhause ab. Hier bieten erfrischend unkonventionelle Leitfiguren, angeblich pädagogisch motiviert, an, ganz für ihn da zu sein – wenn er sich denn innerhalb der elitären Internatsgruppe ganz ihrem Diktat verschreibt. Wer sich als zu schwach für die verschworene Gemeinschaft erweist, wird brutal ausgesondert. Doch Tilmann lockt die Verheißung, endlich dazuzugehören.

 

Spätestens an dieser Stelle dürften von Missbrauch betroffenen ehemaligen Schülern des Bonner Aloisiuskollegs (Ako) ein Stich durchs Herz gehen. Einen Sean-Connery-Verschnitt hatten auch sie als langjährigen Alleinherrscher am Jesuitenkolleg erlebt. Einen, der besonders gerne Söhne Alleinerziehender ins Internat schleuste und ihnen, wie in Nefts Roman, kostenlose Ferienreisen bot. Einen, der 2010 beschuldigt werden sollte, über viele Jahre Schüler missbraucht zu haben, ohne dass ihn jemand stoppte.

 

Der Roman „Die bessere Geschichte“ spielt an einem fiktiven Privatinternat, das deutliche Parallelen zum vielfachen Missbrauchstatort Odenwaldschule, der einstmaligen reformpädagogischen Vorzeigeanstalt Deutschlands, zieht. Genau aus den bitteren Erfahrungen des dort so dramatisch missglückten Modells von Internatsfamilien hat Neft gleichfalls Material geschöpft. Doch letztlich dürften in diesem beklemmenden Roman alle Gewaltopfer egal welcher Schule die typischen Strukturen des Machtmissbrauchs sofort wiedererkennen.

 

Der Ich-Erzähler sieht denn auch plötzlich abends, wie der ebenfalls vorpubertäre Zimmernachbar heimlich aus dem Bett geholt wird. Alsbald tappt Tilmann auf einer Schulwiese selbst in eine intime Szene hinein. Ein seltsam geduckter Mitschüler muss halbnackt vor der Fotolinse des Leiters posieren: in roter Badehose. Am Jahresende sollen die Fotos im edlen Schulmagazin erscheinen. Bald lernt der Junge, inzwischen selbst Opfer geworden, wie der Leiter sich im Labor der unter Qual geschossenen Aktfotos weiterer Internatsschüler auch in Bildform bemächtigt – was alles wiederum für Mitglieder der Ako-Opfergruppe Eckiger Tisch, der der Autor am Buchende für den Austausch dankt, zahllose Déja-vus bescheren dürfte.

 

Anselm Neft, Jahrgang 1973, war nicht Opfer, aber selbst Ako-Schüler. Er hat sich mit Ausbruch des Missbrauchskandals stark in der Aufklärung engagiert. Er hat im Aufarbeitungsbuch „Unheiliger Berg“ von Ebba Hagenberg-Miliu zwei tiefgründige Beiträge geschrieben. Neft kennt und nutzt konsequent die quälenden Details der Geschichte seines Kollegs und besonders auch die der reformpädagogischen Odenwaldschule, an der die Feuilletons Nefts Buchneuling dann auch sofort verortet sehen. Neft baut aber eine neue, eine „bessere Geschichte“ daraus. Er erzählt das Drama des Machtmissbrauchs an Schwachen aller Institutionen da weiter, wo sich die Täter längst davongemacht haben und die Opfer sich auch nach Jahrzehnten noch von innen her zerfressen.

 

Vor Neft hatte 2016 Thomas Melle, ebenfalls Ako-Absolvent, in seinem in Bonn erstaufgeführten Theaterstück „Bilder von uns“ diesen Ritt auf Messers Schneide als Drama geschildert. Bei Melle posierten die Opfer noch als Vierzigjährige, antiken Lustknaben gleich, bis sie an die Wand fuhren. Auch in Nefts Roman scheinen die Peiniger Jahrzehnte später noch ihre Opfer an der Leine zu haben. Deren Wege führen in Verleugnung oder Verdrängung. Ihnen wird, wie auch im realen „Ako-Brief der 500“ von 2010, von prominenten Ex-Schülern in großen deutschen Medien noch sozusagen der Dolchstoß versetzt. Andere Opfer wagen den offenen Kampf gegen Täter und Mitwisser. Weitere flüchten in den Selbstmord – oder sie kapieren wie der erwachsene Tilmann mit Erschrecken, wie sie schon selbst zu Tätern geworden sind. Da kennt der Autor in seinem packenden Roman kein Erbarmen: Die perfide Prägung erweist sich auch Jahrzehnte später noch als ins Gehirn gefräst.

 

Im Handel erhältlich: Anselm Neft, Die bessere Geschichte, Rowohlt Buchverlag, 22 Euro

 

Termin: Der Autor liest aus seinem Roman am 31. März ab 20 Uhr im Euro Theater Central Bonn, Münsterplatz 30, Karten für 7 Euro unter eurotheater@eurotheater.de oder Tel. 0228-652951. Moderation: Ebba Hagenberg-Miliu

 

Foto: Demonstration für Opfer des Aloisiuskollegs 2013 vor dem Landgericht Köln (Ebba Hagenberg-Miliu)

 

 

 

 

 

30. Januar 2018

 

Ein Mitautor meines Buches „Unheiliger Berg“,

ein  kämpferischer Mitstreiter für die Aufarbeitung des Machtmissbrauchs an Kindern und Jugendlichen,

ist gestorben. Er hat meine neutrale Rolle als Journalistin immer respektiert.

 

Möge er in Frieden ruhen.  

 

 

 

 

 

29.01.18  Gerne stelle ich hier folgendes Fachbuch auf die Seite:

Thomas Viola Rieske u.a. (Hrsg.) Aufdeckungprozesse männlicher Betroffener von sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend", Berlin 2018.

Ich habe das Projekt gerne unterstützt.

Mein Buch "Unheiliger Berg" wird im Rahmen der Fachliteratur genannt.

Buchcover: Springer VS

 

http://www.springer.com/de/book/9783658158026

 

 

 

 

 

„Nur wer das Schweigen bricht, bricht die Täter“

13. Oktober 2017:

Premiere des Thomas Melle-Stücks „Bilder von uns“ im Schauspiel Wuppertal. Den Rahmen bietet der Missbrauchsskandal am Bonner Aloisiuskolleg 2010

Von Ebba Hagenberg-Miliu

 

 

Foto: Uwe Schinkel, Wuppertaler Bühnen

 

Wie auf dem kreisrunden Tanzplatz der griechischen Tragödie stehen die Protagonisten der neuen Wuppertaler Inszenierung des Thomas-Melle-Stücks „Bilder von uns“ in gleißendem Licht. Auf dem Podest in der Mitte dieser Brunnenanlage reckt sich der nackte Konstantin (Alexander Peiler), nur leicht geschürzt, über quälend lange Zeit in sozusagen antiker Pose. Ein durchsichtiger Vorhang wabert. Auch Konstantins ehemalige Schulkameraden nehmen langsam „griechische“ Posen an: im Maßanzug der Managertyp Jesko (Stefan Walz), den das ihm zugespielte Nacktfoto von sich aus der Schulzeit gleich aus der Bahn werfen wird; der arrogant-zynische Anwalt Malte (Konstantin Rickert) und Johannes (Martin Petschan), der, als mit Jeskos Nacktfotofund plötzlich alle Vier auf das Leid ihrer Jugend zurückgeworfen werden, die Flucht nach vorne ergreift und die Medien informiert.

 

An ihrer damaligen katholischen Internatsschule habe nämlich ein „pädophiles Himmelreich“ bestanden. Nicht nur in der Sklavenhaltergesellschaft des antiken Griechenlands habe die sexuelle Ausbeutung von Jugendlichen zum Privileg der Herrschenden gehört: Nein, in ihrer Jugend, in den 1980er und 1990er Jahren habe sich ihr langjähriger Schulleiter im Rahmen seines pervers manieristischen Antikekults das Recht genommen, sie, seine Schutzbefohlenen, zu missbrauchen: indem er sie nackt fotografierte, indem er ihnen auch sonstige Gewalt antat – und fürs Leben zeichnete. Wie in einer antiken Tragödie reihen sich in dieser Wuppertaler Inszenierung von Regisseur Henri Hüster und Dramaturgin Barbara Noth auch die Angehörigen der Betroffenen nahtlos in die Riege derer ein, die auch nach Jahrzehnten noch für den Täter posieren: die Frauenfiguren des Stücks Bettina (Lena Vogt), Sandra (Philippine Pachl) und die Lehrerin (Julia Reznik).

 

Kalt läuft es einem über den Rücken, einen Abend lang zu erleben, wie die Opfer und alle, die ihnen nahe stehen, wie Marionetten weiter an den Fäden eines „Paters der Schande“ zu zappeln scheinen (Choreographie: Sylvana Seddig). Wie sie im ebenfalls der antiken Tragödie entlehnten Wechselspiel von Solo, Dialog und Chorgeraune hinter riesigen bunten Masken verschwinden, die ihren Klage metallisch verstärken (Bühne: Hanna Rode). Thomas Melle selbst hat über sein Stück gesagt, hier habe sich die Täterseite, also die Patres einer Eliteschule, wie im antiken Theater längst davon gemacht. Die Opfer seien auf sich zurückgeworfen geblieben. Im antiken Theater hatten sich die Protagonisten einst dem ihnen von den Göttern vorbestimmten Schicksal fügen müssen. Und heute? Welche Strategien der Vergangenheitsbewältigung verfolgen Jesko & Co.?

Foto: Uwe Schinkel, Wuppertaler Bühnen

 

Die Wuppertaler Inszenierung arbeitet sie intensiv heraus: Sie reichen von der totaler Leugnung und Verdrängung bis hin zur Selbstzerstörung und zum Suizid. Eine Aufführung lang ist es kaum auszuhalten, wie die sämtlichen Schutzes entblößte Figur des Johannes über die Bühne irrt. Und wie sie dann im Off minutenlang ihren Selbstmord inszeniert: wiederum wie den Akt des Fotografiertwerdens durch den sadistischen Pater. Alle Figuren hören, wieder rund um den Brunnen angeordnet, versteinert mit. Die Szene wird zur einzigen Qual. Im Publikum regte sich bei der Premiere sogar Widerstand: Der Schmerz war kaum zu ertragen. Und jetzt steht für Johannes längst der Macher Jesko, der an seinem Teflonanzug doch alles abperlen zu lassen scheint, auf dem Podest, auf dem sich die Jünglinge für den Täter in Pose werfen mussten. Johannes immerhin versucht, sich aus dem Drama zu befreien. Wie es im Falle des Bonner Aloisiuskollegs, der Schule Melles, die reale Betroffenengruppe Eckiger Tisch Bonn betreibt, stellt sich Johannes der schonungslosen Analyse des Geschehenen und kämpft für Opferrechte. „Nur wer das Schweigen bricht, bricht die Täter“, heißt es auf der Bühne.

 

Thomas Melles brillantes Stück ist Fiktion. Es erzählt Geschichten des Machtmissbrauchs an Schwachen da weiter, wo die Täter längst verschwunden sind und die Opfer sich von innen her zerfressen. Und das kann überall handeln: in Bonn, bei den Regensburger Domspatzen, in Familien, auf der Kölner Domplatte, in Wuppertal, überall da, wo Menschen Menschen Gewalt antun. Ursprünglich habe er deutlicher vom Faktischen des damaligen Skandals an seiner eigenen Bonner Schule Aloisiuskolleg (Ako) abweichen wollen, erklärte Melle 2016 im Interview des General-Anzeigers Bonn. Aber dann habe er sich gesagt: „Warum eigentlich? Es ist doch alles genau der richtige Rahmen für den Kampf, den ich beschreiben will.“ Und wirklich: In der Story dieser Beispielschule, in deren Missbrauchsgeschichte besonders der 1970er bis 1990er Jahre, ist fürs Stück alles da, was der Dramatiker braucht. Und Melle hat zugegriffen, sei es aus den eigenen Ako-Erinnerungen und Recherchen, sei es aus den Aufklärungsberichten oder den im Buch „Unheiliger Berg“ dokumentierten Texten der Opfer. Das "im Gepäck", hat Melle das reale Drama konsequent auf die Ebene der Kunst gehoben.

 

Das „Franz-Xaver-Kolleg“ des Theaterstücks spiegelt das damalige Ako. Seine „langen Fluchten, Marmorstatuen, Marmorböden“ sind gleich denen der früheren Internatsvilla Stella Rheni, wo der „Pater Stein“ des Stücks jeden Morgen im Keller nackt  „mit halber Erektion“ die kleinen Internatsjungen kalt abduscht – „unbedingt“, wie Melle sagte, sei sein Pater Stein mit dem Ako-Hauptbeschuldigten der 1970er bis 1990er Jahre, einem 2010 verstorbenen Pater, zu vergleichen. Der habe sich seit den 1960ern ein „Fürstentum“ aufgebaut, in das er möglichst die Jungen mit den „Barbourjacken“ lädt, so Melle. Die real geschehenen Segelfahrten mit den „Lieblingen“ klingen im Theaterstück an, die Saunabesuche, die Rituale des „Knechtens“, das perverse Zäpfchensetzen – und der Missbrauch, die Vergewaltigungen.

Foto: Uwe Schinkel, Wuppertaler Bühnen

 

In die enge Putzkammer sperrt sich der Pater mit einem Opfer ein, grunzend atmend wie vom realen Opfer dokumentiert. Wer sich nicht beugt, fliegt ohne Abschluss vom Kolleg. Denn der Pater hat schon neue Lieblinge im Blick, deren Mütter er überzeugt, auch vom direkten Umfeld aus den Sohn ins Internat zu schicken. Alles das hat direkte Ako-Parallelen. Melle sprach zum Stück vom „systematischen und jahrzehntelang währenden Missbrauch auf mehreren Ebenen und in den vielfältigsten Formen“, auch das durchaus der realen Analyse gleich. 

 

„Der perverse Geistliche“, so Melle, fotografiert die Kinder zudem nackt, wie in der Ako-Historie auch im Stück „fürs Jahrbuch“, für seine „Privatsammlung“, für die Wände der Internatsvilla, die selbst die Eltern kritiklos betrachten. Und um diese Bilder sowie das, was sie in den Fotografierten auch nach Jahrzehnten auslösen, kreist Melles Story. Auch da kann der Autor mit Bausteinen des realen Geschehens arbeiten. Etwa mit der Angst der Betroffenen, Ex-Mitschüler „Matuschka“ in den USA, der damals Schlüssel zum Geheimarchiv des Paters hatte, könne ihre Nacktbilder ins Internet gestellt haben: 2008 wurde wirklich ein Ex-Schüler wegen Besitzes von digitalen Kinderpornobildern verhaftet. Melle baut den realen „Brief der 500“ prominenten Ex-Schüler ein, den sie 2010 in den großen deutschen Medien platzierten, der ihren betroffenen Mitschülern aber sozusagen den Dolchstoß versetzte. Die damalige Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenodens kommt vor, wie sie das Geständnis des Paters, pädophil zu sein, in „kopfpädophil“ verniedlicht.

 

Wuppertal ist ein gänzlich anderer Aufführungsort als bislang Bonn und Regensburg, die vor Ort ihre reale Missbrauchsgeschichte aufzuarbeiten haben, und als Nürnberg, wo das Stück ebenfalls inszeniert wurde. Das Wuppertaler Theater am Engelsgarten will anders vorgehen. Es will „Extremzustände des Geistes“ zeigen, wie der Regisseur sagt. Und das ist auch gut so. Aber Eines ist in Wuppertal wie an den anderen Aufführungsorten entscheidend: In "Bilder von uns" spielen allein die Opfer die erste Geige. Sie stehen im Fokus und nicht die Täterseite, die wir doch ansonsten nur allzu gerne in den Mittelpunkt des Interesses rücken.

 

Thomas Melle jedenfalls hat die Wuppertaler Inszenierung in ihrer deutlichen Anlehnung ans antike Theater gut gefallen, wie er der Autorin nach der Premiere erklärte. Für ihn sei das Authentische ohnehin ohne Kunstform gar nicht zu fassen. Erst die Kunst sei im Stande, ein Geschehen wirklich zu betrachten, auf seine mögliche Form hin abzuhorchen und sein Wesentliches zu destillieren. Hier nehme die Kunst ihre althergebrachte Funktion wahr, Mimesis, Nachbildung der Wirklichkeit, zu sein.

 

http://www.schauspiel-wuppertal.de/schauspiel/spielplan/detailansicht-auffuehrung/?tx_wbfe_pi1%5Bperformance%5D=1553

 

 

 

 

16. Oktober 2017: Westdeutsche Zeitung, Wuppertal

 

Schauspieler befragen die Erinnerung

 

 

Henri Hüster inszeniert Thomas Melles „Bilder von uns“ im Theater am Engelsgarten...

 

… „Es gibt keine Erlösung“, heißt es in „Bilder von uns“. Das gilt sicher auch für die unzähligen missbrauchten Schüler des Bonner Aloisius-Kolleg. Ihre Erlebnisse hat Melle, selbst ehemaliger Kolleg-Schüler, zur Basis seines Stücks gemacht. Bei den Proben zog Henri Hüster auch Ebba Hagenberg-Milius Buch „Unheiliger Berg“ heran. Hagenberg-Miliu, die den Missbrauch in Bonn aufdeckte, saß unter den Premierengästen im voll besetzten Theater am Engelsgarten. Die Journalistin lobte „Bilder von uns“, kritisierte aber im Namen der realen Opfer die bundesweite Berichterstattung vor der Wuppertaler Premiere. „Sie fühlen sich verletzt, dass der Fokus der Journalisten auf der Täterorganisation liegt.“ Gerade bei einem Stück, das die Opfer ins Zentrum rücke.

 

http://www.wz.de/lokales/wuppertal/schauspieler-befragen-die-erinnerung-1.2536952

 

 

 

 

 

11. September 2017

Theater in Nürnberg

Nun wird Thomas Melles Schauspiel „Bilder von uns“ über die Missbrauchsaufarbeitung am Bonner Aloisiuskolleg also auch in Nürnberg aufgeführt.

 

https://gostner.de/stueck/thomas-melle-bilder-von-uns

 

Bei der Vorbereitung hat das Team um Regisseurin Heike Frank intensiv mit meinem Buch „Unheiliger Berg“ gearbeitet, aus dem Melle ja für sein Stück geschöpft hat, höre ich. Man sei „tief beeindruckt“ vom „Unheiligen Berg“, in dem sich die Missbrauchsopfer mehrerer Generationen die Seele aus dem Leib schrieben.

 

 

 

 

 

11. September 2017

Theater in Wuppertal

 

Und eine zweite „Bilder von uns“-Inszenierung über Missbrauch am Bonner Aloisiuskolleg steht an, die der Wuppertaler Bühnen. Neben dem Schauspieltext von Thomas Melle war erneut mein Buch „Unheiliger Berg“ Arbeitsgrundlage.


Meine Publikation sei eines der besten Sachbücher für Theaterarbeit der letzten Jahrzehnte, teilt man mir mit. Es kämen zum Thema Missbrauchsaufarbeitung in einer Institution alle Stimmen und Perspektiven zu Wort. Der Band sei ungeheuer materialreich.
Ich bin zur Premiere eingeladen.


http://www.schauspiel-wuppertal.de/…/detailansicht-auffue…/…

 

 

 

 

 

General-Anzeiger Bonn, 17.7.17

http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bonn/Missbrauchsopfer-des-Aloisiuskollegs-k%C3%A4mpft-gegen-Verj%C3%A4hrung-article3606594.html

 

 

 

 

 

11. Mai 2017 Podiumsdiskussion

im Regensburger Theater am Haidplatz

 (davor zückt eine Justitia ohne! Augenbinde ihre Klinge)

 

 

Regensburg wartet auf den „Domspatzen“-Aufklärungsbericht

Inszenierung von Thomas Melles „Bilder von uns“: Im Theater am Haidplatz wurde über Missbrauch in Institutionen diskutiert

 

Wie können sich Institutionen wie Schulen, Kindergärten und Vereine vor Missbrauch in den eigenen Reihen schützen, blieb die Frage, die noch nach zwei Stunden engagierter Diskussion im Regensburger Theater am Haidplatz sowohl das Podium als auch das immer wieder nachhakende Publikum bewegte. Anlässlich der Inszenierung von Thomas Melle-Stücks „Bilder von uns“ über die Folgen von Missbrauch am Bonner Aloisiuskolleg hatten das Regensburger Theater und Moderatorin und Dramaturgin Meike Sasse zur Podiumsdiskussion „Gegen die Sprachlosigkeit “ geladen. Und unablässig standen die in allen Institutionen letztlich so gleichen Abläufe der Aufdeckung und der mehr oder weniger gelungenen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt gegen Kinder im Fokus.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regisseurin Charlotte Koppenhöfer wurde vielfach bescheinigt, wie wichtig ihre Inszenierung des in Bonn 2016 uraufgeführten Melle-Stücks gerade aktuell in Regensburg ist: Denn hier wird sieben lange Jahre nach Ausbruch des Missbrauchsskandals 2010 dieser Tage mit Spannung der erste Aufklärungsbericht über die Taten bei den Regensburger Domspatzen erwartet, den das Bistum in Auftrag gab. Alexander J. Probst, ehemaliger Domspatz und Autor des Buches „Von der Kirche missbraucht“, setzte denn auch auf dem Podium viel Hoffnung in diesen wichtigen Schritt, nun auch in Regensburg gegen die Sprachlosigkeit der Vertuscher und Bagatellisierer aufzustehen. Probst schilderte ebenso drastisch wie erschütternd, was Zöglingen in Regensburg angetan wurde. Koppenhöfer selbst berichtete über ihre Schulzeit in der ebenfalls von härtestem Missbrauch heimgesuchten Odenwaldschule, die inzwischen schließen musste, und darüber, wie viele Parallelen bundesweiter Missbrauchsfälle sich ihr und dem Theaterteam bei der Arbeit am Stück aufgetan hatten.

Die Bonner Journalistin Ebba Hagenberg-Miliu arbeitete Mechanismen heraus, die Missbrauch gerade in Institutionen mit autoritären Strukturen begünstigen. Dann nämlich, wenn sich Machtinseln mit Seilschaften bildeten, die keine Korrektur erführen, zumal wenn eben auch die kommunale Schulaufsicht keine Verantwortung übernehme. Entscheidend für die Aufarbeitung sei es, dass die Institution öffentlich eingestehe, dass es nicht um die Bestrafung von sogenannten Einzeltätern, sondern um umfassende Reformen gerade in sich elitär empfindenden Einrichtungen gehen müsse. Der Hamburger Anwalt Rudolf von Bracken setzte seine Akzente in der Erläuterung der rechtlichen Fortschritte, die seit Ausbruch des Missbrauchsskandals im Jahr 2010 gelungen sind. Von Bracken, der im Rahmen der Arbeit des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs in Berlin mitwirkt, zeigte sich zuversichtlich, dass die Aufarbeitung von Missbrauch mit Hilfe der aktuellen gesetzlichen Möglichkeiten gelingen könne.

Hagenberg-Miliu, deren Buch „Unheiliger Berg“ mit seinen Opferbekenntnissen durch Thomas Melle für sein Stück mit genutzt wurde, bescheinigte den Regensburger Theatergängern, mit der Inszenierung „Bilder von uns“ ganz nah an dramatischen Entwicklungen bei Opfern jeglichen Machtmissbrauchs dran zu sein. Ob nun in Bonn, an der Odenwaldschule oder in Regensburg.

 

Hier der Artikel des Kollegen Robert Werner von Regensburg digital:

http://www.regensburg-digital.de/regensburg-stehen-die-auseinandersetzungen-noch-bevor/16052017/

 

 

Fotos: Ebba Hagenberg-Miliu (3),  c Alexander J. Probst (5)

 

 

 

 

Interview mit Ako-Rektor Pater Siebner

"Missbrauchsfälle sind Teil der Ako-Geschichte"

 

 

Pater Johannes Siebner verlässt das Aloisiuskolleg und steigt zum Jesuitenprovinzial auf. Im Interview blickt er zurück auf sechs Jahre in Bad Godesberg.

Von Ebba Hagenberg-Miliu, 26.04.2017

 

Ende 2016 wurde Ako-Rektor Pater Siebner sicher auch wegen seiner erfolgreichen Missbrauchsaufarbeitung zum Jesuitenprovinzial ernannt. Am Donnerstag verabschiedet er sich nach München, wo er das höchste deutsche Jesuitenamt übernimmt. Ab Juli folgt ihm am Ako der Hamburger Pater Martin Löwenstein nach.

 

Fällt Ihnen nach sechs Jahren der Abschied vom Ako schwer?

Pater Johannes Siebner: Ja tatsächlich. Das liegt vor allem daran, dass ich nun nach fast 25 Jahren pädagogischer Arbeit diesen Bereich loslassen muss. Diese Arbeit hat mich sehr erfüllt, und ich bin sehr dankbar für diese Sendung. Natürlich fällt der Abschied auch deswegen schwer, weil ich ja in konkreten und mir wichtigen Beziehungen lebe und arbeite.

 

Als Sie 2011 kamen, hatten Schüler, Lehrer und Eltern gerade einen Alptraum durchlebt.

Siebner: Ich erinnere eine sehr anspruchsvolle und durchaus schwierige Zeit, für alle Beteiligten übrigens. Es gab am Kolleg eine große Enttäuschung gegenüber dem Orden, auch ein Misstrauen. Und ich füge hinzu: nicht ohne Grund. Ich erinnere sowohl die große Skepsis dem Orden und mir persönlich gegenüber, aber auch die Hoffnung, die sich daraus speiste, dass der Orden zum Kolleg steht.

 

Wie waren Ihre Erfahrungen mit von Missbrauch Betroffenen?

Siebner: Sehr unterschiedlich und sehr berührend, weil es zumeist sehr persönliche und vertrauensvolle Begegnungen waren. Aber ich weiß auch, dass es nicht um mich persönlich ging, sondern um den Vertreter des Kollegs beziehungsweise des Ordens, der sich der Verantwortung zu stellen sucht. Am berührendsten sind die Erfahrungen von Vertrauen oder vom Ringen um Vertrauen. Ich habe auch erlebt, dass Gesprächsfäden gerissen und Begegnungen abgebrochen sind – das ist dann schmerzhaft.

 

Was waren für Sie die wichtigsten Momente in diesem Prozess?

Siebner: Die, in denen Schritte zu mehr Wahrhaftigkeit, zu mehr Vertrauen möglich waren. Aus der Perspektive des Kollegs denke ich spontan an das Sprechen zweier Betroffener vor dem pädagogischen Kollegium im März 2014. Das hat mich und das hat uns berührt und verändert. Ich denke auch an das erste Treffen der Dialog-Runde im Sommer 2014.

 

Teil der Kolleggeschichte

 

In dieser Runde treffen sich regelmäßig Betroffene und Vertreter des Kollegs sowie der Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt Bonn.

Siebner: Genau. Die Ako-Erklärung vom Januar 2016 war dann ein weiterer wichtiger Meilenstein, hinter den es kein Zurück gibt. Sie ist im Dialog mit Betroffenen entstanden. Anschließend hat die Kolleggemeinschaft um viele Formulierungen gerungen und schließlich entschieden, dass die Missbrauchsfälle bleibend Teil der Kolleggeschichte sind. Es darf kein „Abhaken“ geben. Wir danken in dieser Erklärung den Betroffenen, die zur Aufarbeitung beigetragen haben und weiter beitragen.

 

Gab es auch Tiefpunkte?

Siebner: Aber ja, es gab sehr traurige Begegnungen, es gab Verletzungen und Momente der Hilflosigkeit.

 

Wurde Ihr Engagement auch vom Umfeld unterstützt?

Siebner: Da denke ich zuerst an alle uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen, die sich hier so vielfältig engagieren. Und ich denke an die Eltern, die uns die Kinder anvertrauen und die sich vielfach fürs Kolleg einsetzen.

 

Kein Schlusspunkt, kein Abhaken

 

Wo muss weiter aufgearbeitet werden?

Siebner: Es geht weiterhin um ein immer tieferes Verstehen der Vorfälle und des Umfelds, in dem sie geschehen sind. Es ist ein Prozess von der Aufklärung hin zu einem Auf- oder Durcharbeiten. Wir müssen als Kolleggemeinschaft offen und ansprechbar bleiben. Gründliche Aufarbeitung ist ein zentraler Aspekt von guter Prävention. Kinder und Jugendliche, die sehen und spüren, dass ein Institution wach ist und verstanden hat, werden sich eher anvertrauen und um Hilfe bitten, wenn ihnen Unrecht geschieht. Wenn Gewalt als das erkannt wird, was sie ist, und wenn eingeschritten wird, dann verändert sich eine Institution.

 

Wo steht die Aufarbeitung in Bezug aufs Ako-pro-Seminar?

Siebner: Auch hier gilt: kein Schlusspunkt, kein Abhaken. Auch wenn der Bintig-Bericht veröffentlicht und die rechtliche Aufarbeitung jetzt abgeschlossen ist, muss die Kolleggemeinschaft ansprechbar bleiben.

 

Was wird jetzt Ihre Hauptaufgabe als Provinzial sein?

Siebner: Sie liegt in der Sorge für alle Mitbrüder in Deutschland und Schweden. Dazu ist der Provinzial in vielen Werken Letztverantwortlicher. In Zentraleuropa steht eine Neustrukturierung des Ordens bevor. Auch das wird meine Amtszeit prägen.

 

Sie tragen bald auch für Ex-Rektor Pater Theo Schneider, Superior in Göttingen, Verantwortung. Wie werden Sie sie wahrnehmen?

Siebner: Das werde ich mit ihm besprechen.

 

Und was wünschen Sie dem Ako für die Zukunft?

Siebner: Von Herzen alles erdenklich Gute und Gottes reichen Segen.

 

Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/bad-godesberg/Missbrauchsf%C3%A4lle-sind-Teil-der-Ako-Geschichte-article3540773.html

 

 

 

 

 

 

 

Dezember 2016

School of Film and Television, Los Angeles,

und Akademie für Internationale Bildung, Bonn

 

 Kurzfilm "Fall From Grace"

 ("Der Sündenfall")

 von Morgan Hinshaw

 Studentin der jesuitischen Loyola Marymount University Los Angeles

 

 

Bildergebnis für bonnywood akademie bildung bonn

 

Dezember 2016

School of Film and Television, Los Angeles,

und Akademie für Internationale Bildung, Bonn

 

 Kurzfilm "Fall From Grace"

 ("Der Sündenfall")

 von Morgan Hinshaw

 Studentin der jesuitischen Loyola Marymount University Los Angeles

 

Bildergebnis für morgan hinshawDie US-amerkanische Filmstudentin Morgan Hinshaw hat im November 2016 vor Ort in Bonn einen Kurzfilm über meine journalistische Arbeit zum Thema Missbrauch am Bonner Aloisiuskolleg gedreht. Er heißt  "Fall From Grace" ("Sündenfall") und lehnt sich, wie Morgan sagt, an den Oscar-Film "Spolight" an.  Sie habe hier in Bonn bei ihrem Auslandssemester für ihre Abschlussarbeit ein Pendant zur Journalistenarbeit des Boston Globe in Deutschland gesucht - und sie habe dieses Pendant in meiner Arbeit gefunden. Unter anderem über diese Homepage.

 

Bei der Uraufführung am 8. Dezember in Bonn lobte die Jury des "Bonnywood"-Filmfestivals 2017 Morgan Hinshaws Film als erstaunlich ausgereift und sehr gut strukturiert, als, was wichtig gerade bei diesem schweren Thema sei, sehr ausgewogen mit den unterschiedlichen Perspektiven, als auf keinen Fall sentimental, sondern sachlich und genau auf den Punkt kommend. Den Film zeichne zudem eine sensible Bild- und Tonsprache aus. Er sei genau das, was man von einem ausgezeichneten Dokumentarfilm erwarte.

 

Im ansonsten sehr lebhaften Publikum gab es die erwartete Reaktion: Schockstarre nach der ersten Nennung des Wortes „abuse“. Mucksmäuschen-Stille und dann einen  starken Beifall, aber letztlich dann doch das übliche Befremden übers Thema Missbrauch.

 

Im Film gebe ich vor der Kulisse des Bonner Aloisiuskollegs und dann in der nahen Rigal`schen Kapelle Auskunft über meine journalistische Arbeit seit Januar 2010. Ich wählte diese ruhige Kirche, die mir viel bedeutet, bewusst als Rückzugsort.  Und ich danke der evangelischen Johannes-Kirchengemeinde, dass sie uns die Kirchentür öffnete.

 

Denn als Reporterin lokal über ein so polarisierendes Thema wie Missbrauch zu schreiben, hat mir genau dort, wo ich mit meiner Familie lebe, viel Lob, aber eben auch jede Menge Diffamierungen und Drohungen eingebracht. Ich werde selbst heute noch im Alltag  beschuldigt, ich hätte nichts als Lügen verbreitet. Andererseits suchen immer noch Betroffene, Familien Betroffener, Zeugen etc. den Kontakt zu mir, um sich endlich ihren Erinnerungen zu stellen. In dieser Kapelle kann ich genau davon sprechen, ohne der Wut bestimmter Mitmenschen ausgesetzt zu sein.

 

Als Betroffener kommt im Film Heiko Schnitzler, Sprecher des Eckigen Tischs, zu Wort. Und als weiterer Absolvent, als Kontrapunkt, ein Ex-Schüler, der von den Vorfällen am Kolleg weiß, aber seine neun Jahre Internatszeit nicht  durch Veröffentlichungen darüber beschmutzt sehen will. Das Ako sei doch sein Zuhause gewesen. Ich stelle den Film mit der Erlaubnis der Regisseurin hier auf meine Homepage.

 

Bei der Uraufführung erklärte die junge Filmerin, sie sei glücklich, mit mir zusammengearbeitet zu haben. Sie habe den US-amerikanischen Oscar-Film „Spotlight“ über die Missbrauchsaufklärung der Bostoner Journalisten durch die Aufklärung hier in Bonn noch besser verstanden. Sie sei mir sehr dankbar.

 

Augenblicklich stand im Publikum ein älterer Herr auf und behauptete, in Deutschland habe es keines journalistischen „Spotlights“ bedurft, weil hier die Jesuiten selbst von sich aus den Missbrauch in ihren Einrichtungen aufgeklärt hätten.

 

Ich widersprach und sagte, dass ohne den Aufschrei und den anhaltenden Druck der Opfer, ohne, dass wie in Boston die Presse ihre journalistische Verantwortung übernommen hätte, der Missbrauch in Deutschland nicht aufgedeckt und bis auf weiteres aufgearbeitet worden wäre.

 

Die Universität:

http://www.lmu.edu/

 

Weitere Filme von Morgan Hinshaw:

https://www.youtube.com/user/dancing9595

https://www.youtube.com/watch?v=xi47uw0yhhs

 

 

 

 

 

 

General-Anzeiger Bonn, 10.12.16

http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/kultur-und-medien/Katholische-Paralleljustiz-article3426441.html

 

 

 

 

 

 

6. 12. 2016

Kurzfilm "Fall From Grace"

("Der Sündenfall")

von Morgan Hinshaw

Mit im Rennen um den Filmpreis 2016 der School of Film and Television, Los Angeles, und der Akadamie für Internationale Bildung, Bonn:
"Fall From Grace" ("Der Sündenfall") von Morgan Hinshaw
über meine journalistische Arbeit zu den Missbrauchsfällen am Bonner Aloisiuskolleg.

Ich drücke Morgan die Daumen.