06.11.2014
Eine neue Rezension ist in der Fachzeitschrift Trauma & Gewalt, 8. Jahrgang, Heft 4, Nov. 2014, S. 330, erschienen.
Das Aloisiuskolleg (AKO), der im Volksmund so genannte Heilige Berg in Bonn Bad Godesberg, war als Internatsschule eine Kaderschmiede der Nation. Viele
PolitikerInnen, alteingesessene Familien und Diplomaten schickten (und schicken) ihre Kinder in diese Eliteschule. Viele dieser Kinder wiederum sind heute Teil der deutschen
„Führungselite“.
Gleichzeitig gab es in dieser Schule eine jahrzehntelange Tradition von Gewalt und Missbrauch, von 1946 bis 2005 reichen die von zwei Aufarbeitungskommissionen
gesammelten Vorwürfe zu körperlichen Züchtigungen, sexuellen Übergriffen und entwürdigenden Erziehungsmaßnahmen. Ein Teil dieser Vorfälle waren auch nach damaliger Rechtslage Straftaten (von
Körperverletzung bis schwerer sexueller Missbrauch). Sie waren eingebettet in alltägliche Entgrenzungen, Grenzverletzungen und Verschiebung der Normen. Einer der Hauptbeschuldigten, der frühere
langjährige Schul- und Internatsleiter, fertigte über Jahrzehnte viele Hunderte Fotos von nackten oder halbnackten Schülern an. Es waren bewusst gestellte Szenen und sexualisierte Posen. Solche
Fotos hingen – für alle sichtbar – in den öffentlich zugänglichen Räumen, auch neben dem Büro des ehemaligen Schulleiters. „Das Bild habe ich 2006 dort abgehängt. Eigentlich muss dass doch ein
Skandal sein, Fotografien nackter Schüler in einer pädagogischen Institution! Warum scherte sich 10 Jahre lang niemand um das Bild?“ ( so Christopher Haep, ehemaliger Schüler und seit 2006
Internatsleiter, S. 226)
Viele Hunderte Schüler, Eltern, Betreuungspersonen, Vorgesetzte …. waren in unterschiedlichem Grad „Mit-Wisser“. Es gab welche, die die Übergriffe gedeckt haben,
andere, deren Überlebensstrategie es war, sich anzupassen und „solche, die etwas übersehen haben; die etwas nicht begriffen haben; die Ahnungen, mulmige Gefühle zurückgewiesen und Signale
überhört haben.“ (Pater Klaus Mertes, S. 202).
Das System hat jahrzehntelang funktioniert und nie wurde jemand zur Rechenschaft gezogen.
Wie ist so etwas möglich? – Dieser Frage wird sich im Buch von verschiedenen Seiten genähert: Betroffene, ehemalige (nicht direkt betroffene) Schüler,
Ordensvertreter, Stadt, Politik, Justiz, Medien. Die Zusammenschau der verschiedenen Perspektiven ist bisher einmalig und sehr lehrreich. Herausgekommen ist eine genaue und atemberaubende Analyse
von Strukturen und „Kulturen“, die den Missbrauch begünstigt/ermöglicht haben, und „elitäre Inseln der Macht“ hervorbrachten. Es geht um Machtmissbrauch, Manipulation, Verdrängung/ Verleugnung,
blinde Flecken, persönliche Verstrickungen und die Folgen.
Berichtet wird auch über den 2010 begonnenen Prozess der Aufarbeitung, die gemachten Fehler und wie schwierig es ist, alle mitzunehmen, nichts zu beschönigen, aber
gleichzeitig auch der Organisation eine Chance zu einer präventiven Neuausrichtung zu geben. Dass dies mehr sein muss als in Papier gegossene Präventionsleitlinien, zeigen die Beiträge sehr
deutlich. Nur mit ehrlicher Aufarbeitung, klarer Verantwortungsübernahme, Dialogfähigkeit und grundlegender Umstrukturierung der „Organisationskultur“ kann dies gelingen.
Das Buch ist anregend und aufklärend für alle Institutionen und Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten und für alle, die in unserer Gesellschaft Gewalt
und Machtmissbrauch verhindern wollen. Es zeigt nebenbei auf, welche gesellschaftliche Sprengkraft genaues und ehrliches Hinsehen mit sich bringt. Möglich wurde dies durch einige mutige Menschen,
die in den letzten Jahren als Betroffene ihre Erfahrungen öffentlich machten und gegen alle Widerstände Aufklärung einforderten. Ihnen vor allem gebührt Respekt und Dank.
Fazit: Ein wichtiges, hochaktuelles und spannend zu lesendes Buch!
Rezension von Uta Garbisch
Zeitung PROtestant, Bonn
Seite 6
JULI/AUGUST 2014
PROtestant-Tipps zur Lektüre mit Sinn und Verstand
Wer sich fragt, ob die Gesetze gegen Kinderpornografie verschärft werden sollten,
weiß nach dieser Lektüre warum. In dem Sammelband »Unheiliger Berg« wird der 2010bekannt gewordene Missbrauchsskandal am Bonner Aloisiuskolleg (AKO) aufgearbeitet. Seit den 50er-Jahren wurden
dortige Schüler von Jesuitenpatres und weiteren Mitarbeitern missbraucht, gedemütigt, geschlagen, in der Sammeldusche beobachtet oder nackt fotografiert. Die Fälle reichen bis 2007. Herausgeberin Ebba Hagenberg-Miliu lässt alle Seiten zu Wort kommen. Betroffene schildern das Unheil ihrer
Schulzeit, an dem sie noch immer leiden, fragen nach Verantwortung.Auch Vertreter der Schule, des Jesuitenordens, von Opferschutz, Stadt und Politik äußern sich. Am AKO wird heute großer Wert auf
Prävention gelegt. Doch beklemmend bleibt, dass man es eigentlich hätte wissen, zumindest ahnen können. Durch die öffentliche Ausstellung seiner Fotografien machte einer der Haupttäter alle zu
»Mitwissern«, wie Jesuit und Ex-Schüler Klaus Mertes formuliert. Für die Opfer bleibt das Dilemma: Täter sind tot, andere Taten verjährt oder wie die Fotos strafrechtlich nicht
relevant.
■
Ebba Hagenberg-Miliu (Hrsg.),
Unheiliger Berg. Das Bonner Aloisiuskolleg der Jesuiten und die Aufarbeitung
des Missbrauchsskandals, Stuttgart 2014,
288 Seiten, 29,90 €
Unabhängiger Beauftragter für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs Berlin:
Berichte und Dokumentationen zum Thema Aufarbeitung in Deutschland:
Das Buch "Unheiliger Berg" ist seit Mai 2014 in dieser verbindlichen Liste aufgenommen.
http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=5&cad=rja&uact=8&ved=0CEwQFjAE&url=http%3A%2F%2Fbeauftragter-missbrauch.de%2Fmod%2Fresource%2Fview.php%3Fid%3D1275&ei=UWKMU_vRDMKi4gSE34G4CQ&usg=AFQjCNGPK_U44Y-9DwXRX93bQEKzVRtDgw&bvm=bv.67720277,d.bGE
Rezension von Claudia Igney, VIELFALT e.V. Bremen (08.05.14):
Das Aloisiuskolleg (AKO), der im Volksmund so genannte Heilige Berg in Bonn Bad Godesberg, war als Internatsschule eine Kaderschmiede der Nation. Viele
PolitikerInnen, alteingesessene Familien und Diplomaten schickten (und schicken) ihre Kinder in diese Eliteschule. Viele dieser Kinder wiederum sind heute Teil der deutschen
„Führungselite“.
Gleichzeitig gab es in dieser Schule eine jahrzehntelange Tradition von Gewalt und Missbrauch, von 1946 bis 2005 reichen die von zwei Aufarbeitungskommissionen
gesammelten Vorwürfe zu körperlichen Züchtigungen, sexuellen Übergriffen und entwürdigenden Erziehungsmaßnahmen. Ein Teil dieser Vorfälle waren auch nach damaliger Rechtslage Straftaten (von
Körperverletzung bis schwerer sexueller Missbrauch). Sie waren eingebettet in alltägliche Entgrenzungen, Grenzverletzungen und Verschiebung der Normen. Einer der Hauptbeschuldigten, der frühere
langjährige Schul- und Internatsleiter, fertigte über Jahrzehnte viele Hunderte Fotos von nackten oder halbnackten Schülern an. Es waren bewusst gestellte Szenen und sexualisierte Posen. Solche
Fotos hingen – für alle sichtbar – in den öffentlich zugänglichen Räumen, auch neben dem Büro des ehemaligen Schulleiters. „Das Bild habe ich 2006 dort abgehängt. Eigentlich muss dass doch ein
Skandal sein, Fotografien nackter Schüler in einer pädagogischen Institution! Warum scherte sich 10 Jahre lang niemand um das Bild?“ ( so Christopher Haep, ehemaliger Schüler und seit 2006
Internatsleiter, S. 226)
Viele Hunderte Schüler, Eltern, Betreuungspersonen, Vorgesetzte …. waren in unterschiedlichem Grad „Mit-Wisser“. Es gab welche, die die Übergriffe gedeckt haben,
andere, deren Überlebensstrategie es war, sich anzupassen und „solche, die etwas übersehen haben; die etwas nicht begriffen haben; die Ahnungen, mulmige Gefühle zurückgewiesen und Signale
überhört haben.“ (Pater Klaus Mertes, S. 202).
Das System hat jahrzehntelang funktioniert und nie wurde jemand zur Rechenschaft gezogen.
Wie ist so etwas möglich? – Dieser Frage wird sich im Buch von verschiedenen Seiten genähert: Betroffene, ehemalige (nicht direkt betroffene) Schüler,
Ordensvertreter, Stadt, Politik, Justiz, Medien. Die Zusammenschau der verschiedenen Perspektiven ist bisher einmalig und sehr lehrreich. Herausgekommen ist eine genaue und atemberaubende Analyse
von Strukturen und „Kulturen“, die den Missbrauch begünstigt/ermöglicht haben, und „elitäre Inseln der Macht“ hervorbrachten. Es geht um Machtmissbrauch, Manipulation, Verdrängung/ Verleugnung,
blinde Flecken, persönliche Verstrickungen und die Folgen.
Berichtet wird auch über den 2010 begonnenen Prozess der Aufarbeitung, die gemachten Fehler und wie schwierig es ist, alle mitzunehmen, nichts zu beschönigen, aber
gleichzeitig auch der Organisation eine Chance zu einer präventiven Neuausrichtung zu geben. Dass dies mehr sein muss als in Papier gegossene Präventionsleitlinien, zeigen die Beiträge sehr
deutlich. Nur mit ehrlicher Aufarbeitung, klarer Verantwortungsübernahme, Dialogfähigkeit und grundlegender Umstrukturierung der „Organisationskultur“ kann dies gelingen.
Das Buch ist anregend und aufklärend für alle Institutionen und Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten und für alle, die in unserer Gesellschaft Gewalt
und Machtmissbrauch verhindern wollen. Es zeigt nebenbei auf, welche gesellschaftliche Sprengkraft genaues und ehrliches Hinsehen mit sich bringt. Möglich wurde dies durch einige mutige Menschen,
die in den letzten Jahren als Betroffene ihre Erfahrungen öffentlich machten und gegen alle Widerstände Aufklärung einforderten. Ihnen vor allem gebührt Respekt und Dank.
Fazit: Ein wichtiges, hochaktuelles und spannend zu lesendes Buch!
Rezension von Philipp Königs, Bonner Rundschau, 25.04.14:
Der Weg zum „Unheiligen Berg“
Die Journalistin Ebba Hagenberg-Miliu beleuchtet in ihrem Buch Missbrauchsfälle am Aloisiuskolleg
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Von PHILIPP KÖNIGS
BONN. Wie ist aus dem „Heiligen Berg“, auf dem das
Aloisiuskolleg (Ako) steht, ein „Unheiliger Berg“ geworden? Diesen Weg versucht die Bonner Journalistin Ebba Hagenberg-Miliu in ihrem gleichnamigen Buch aufzuzeigen. Als Herausgeberin lässt sie
30 Menschen zu Wort kommen, die die Missbrauchsfälle an der Kaderschmiede in Bad Godesberg unter Leitung der Jesuiten erhellen sollen. Opfer, ihre Eltern, Kommunalpolitiker,
Verwaltungsangestellte, Pater (auch der heutige Schulleiter), sogar Altschüler Thomas de Maizière, der heute das Amt des Bundesinnenministers innehat, kommt in einem Beitrag zu
Wort.
Das Ergreifende auf 288 Seiten sind die Darstellungen ehemaliger Opfer und ihrer Angehörigen. Ihre Scham vor Entdeckung auf der einen Seite
und die perfide Vorgehensweise insbesondere des ehemaligen, 2010 verstorbenen Schulleiters, um sich seinen Opfern anzunähern. Mit der angsteinflößenden und zugleich warmen Art im vertrauensvollen
Gespräch mit der Mutter, wie der heute als Schauspieler bekannte Ex- Schüler Miguel Abrantes Ostrowski schreibt („Meine Mutter hatte sich, glaube ich, sogar ein bisschen in ihn verliebt“).
Ostrowski hat seine Geschichte nur leicht verfremdet bereits im Jahr 2004 unter dem Titel „Sacro Pop“ als Buch veröffentlicht. Ohne großes Aufsehen der Presse übrigens. Vor zehn Jahren aber, so
die Herausgeberin, hätten die Jesuiten eine umfassende Aufklärung aus eigenem Antrieb versäumt. Erst im Zuge weiterer Berichterstattung 2010 sei eine Kommission mit der Aufgabe betraut worden,
die Vorfälle umfänglich zu untersuchen.
Einer von Ostrowskis Mitschülern schreibt unter dem Pseudonym Werner Permanent: Ihm sei der Missbrauch, der in seiner Unterstufenzeit begangen
worden sei, „bis dahin eher als das peinliche Gefühl ,ich nackt im Park, die anderen angezogen’ präsent geblieben.“ Bis heute könne er die Grashalme kitzeln spüren, als sich die nackten Schüler
auf die Wiese des Internatsschlosses „Stella Rheni“ legen mussten, damit der Internatsleiter Fotos von ihnen habe machen können. Von den 50er Jahren an bis in die 80er, aber auch in dem der
Schule nahen Verein Ako-Pro bis in die 2000er Jahre hinein wurden immer wieder Missbrauchsvorwürfe bekannt. Die Berichte geben mitunter auch einen Einblick in die familiären Situationen.
Der daheim schwierig und aggressiv auftretende Junge, dem die Option der Eliteschule ermöglicht wird und der einen innigen Draht zu Mutter und
Vater nicht findet. Ein Vater, der die Ausflüge des Sohnes mit dem Verein Ako-Pro in den 90er Jahren lange als wichtigen Schritt zur Eigenständigkeit empfunden hatte, macht sich Vorwürfe, weil er
den Jungen offenbar nicht zu ausreichend Selbstbewusstseinerzogen habe. Erst mit 30 Jahren habe der inzwischen unter Depressionen leidende Sohn sich ihm anvertraut und von Missbräuchen des
ehemaligen Leiters berichtet.
Das Bild einer Trutzburg stellt der Linken-Stadtverordnete Jürgen Repschläger aus Bonn an den Anfang seines Beitrages. Von 1971 bis 1979
besuchte er das Ako: Die Abschottung der Schule und der zugehörigen „Stella Rheni“ sowie die „nahezu unantastbare Macht eines einzelnen“ seien Grundbedingungen für die Missbräuche
gewesen.
bonner rundschau.pdf
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Deutschlandradio, 25.03.2014
Jesuiten und Missbrauch. Rezension des Buches "Unheiliger Berg"
Von Christoph Fleischmann
Rezension in der WAZ von Walter Bau:
"... Wie sehr die Opfer auch Jahre nach dem Missbrauch noch leiden, hat gerade erst ein neu erschienenes Buch mit dem Titel „Unheiliger Berg“ eindrücklich dargelegt.
Darin schildern 13 ehemalige Schüler des Bonner Jesuiten-Gymnasiums Aloisiuskolleg ihren Missbrauch. Auch hierbei ist die Aufarbeitung nicht unumstritten: Seit die Fälle in dem Kolleg 2010 publik
wurden, ringen der Jesuiten-Orden, die Schule und die Opfer um Aufklärung und Wiedergutmachung. Und immer noch, so klagen Betroffene, gebe es mit der Kirche keinen Dialog auf Augenhöhe..."
(innerhalb des Artikels: Bischöfe lassen Missbrauch untersuchen, 24.03.2014)
Bischöfe lassen sexuellen Missbrauch erforschen
Beitrag der Katholischen Nachrichten-Agentur KNA
(zu finden auch auf der Homepage des Jesuitenordens www.jesuiten.org):
Neues Buch über Missbrauchsfälle am Bonner Aloisiuskolleg
Frau Dr. Hagenberg-Miliu mit Rektor Pater Siebner SJ bei der Präsentation.
Bonn/Stuttgart (KNA) Über die Missbrauchsfälle am Bonner Jesuiten-Gymnasium Aloisiuskolleg (AKO) ist ein neues Buch erschienen. Unter dem Titel "Unheiliger
Berg" schildern 13 Opfer die erlittenen Demütigungen, wie der Verlag Kohlhammer am Mittwoch in Stuttgart mitteilte. Zudem enthält das Buch der Bonner Journalistin Ebba Hagenberg-Miliu
Beiträge von Altschülern wie dem Autor Anselm Neft und dem Schauspieler Miguel Abrantes Ostrowski. Der Titel nimmt Bezug auf das im Volksmund als "Heiliger Berg" bezeichnete Kolleg auf
einer Anhöhe.
Bei einer Buchpräsentation am Mittwochabend in Bonn sprach die Autorin und der Sprecher des Betroffenennetzwerks Eckiger Tisch, Heiko Schnitzler, von einem
weiteren Schritt bei der Aufarbeitung. Dieser sei ohne die Opfer nicht möglich. Schnitzler forderte das Aloisiuskolleg auf, mehr Energie in die Aufklärung zu stecken. So habe die Schule
immer noch nicht die betroffenen Jahrgänge angeschrieben. Um die Thematik sollte sich eigens ein Mitarbeiter kümmern.
Der amtierende AKO-Rektor Pater Johannes Siebner lobte das Buch, weil es im Unterschied zu den wissenschaftlichen Studien über den Missbrauch am
Aloisiuskolleg die Ich-Perspektive der Betroffenen vermittele. "Das Buch wird bei uns im Haus eine gewichtige Rolle spielen", so Siebner: "Es gibt keinen Schlussstrich." Es gebe
Überlegungen, wie und wo an der Schule ein Erinnerungsort geschaffen werden könne. Als eine "Wunde" bezeichnete er, dass sich der frühere AKO-Rektor Pater Theo Schneider als Autor
verweigert habe. Gegen ihn richten sich Vorwürfe, er habe seine Aufsichtsverantwortung verletzt.
Neft nannte das Buch ein "Pionierwerk", das detailliert Machtmissbrauch beschreibe. Die Schule müsse Betroffene, die oft als Nestbeschmutzer bezeichnet
würden, zum Gespräch einladen. Auch sollte der Jesuitenorden Opfern mehr als die geleisteten 5.000 Euro zahlen und so deren Leid stärker anerkennen.
Der derzeitige Leiter des AKO-Internats, Christopher Haep, bekundete die Hoffnung, dass das Buch die Aufarbeitung und den Dialog mit den Betroffenen
vorantreibe. Viele Jesuiten hätten nach wie vor große Schwierigkeiten, über das Thema zu sprechen. Zugleich beschäftige sie die Frage, was sie damals hätten tun können oder
müssen.
In dem Buch kommen neben Siebner und Haep auch der Jesuit Klaus Mertes, der 2010 die Aufdeckung der Missbrauchsfälle in Gang brachte, und sein Ordensbruder
Godehard Brüntrup zu Wort. Er hatte Ende 2012 das Buch "Unheilige Macht" über die Missbrauchskrise herausgegeben.
2011 legte die Kölner Sozialrechtlerin Julia Zinsmeister einen wissenschaftlichen Bericht über die Übergriffe am AKO und der angeschlossenen
Freizeiteinrichtung "AKO-Pro-Seminar" seit den 1950er Jahren vor. Demnach gibt es mindestens 60 Betroffene und 23 Beschuldigte. Hauptbeschuldigter ist ein inzwischen verstorbener und bis
vor wenigen Jahren in leitender Stellung am Kolleg tätiger Pater.
Ebba Hagenberg-Miliu: Unheiliger Berg: Das Bonner Aloisiuskolleg der Jesuiten und die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Stuttgart: Kohlhammer 2014.
288 Seiten, 29,90 Euro. ISBN 978-3-17-025130-4.
Die neusten Nachrichten und Berichte aus Bonn und Umland.
Elite-Internat Aloisiuskolleg Noch 2011 Nacktbilder von Jungs gefunden
Die Horrornachrichten um das Aloisiuskolleg nehmen kein Ende.
Foto: Erhard Paul
Bonn –
Der Missbrauchs-Skandal am Elite-Internat Aloisiuskolleg: Wann hören die Horrornachrichten endlich auf?
In ihrem Buch „Unheiliger Berg“ hat Autorin Ebba Hagenberg-Miliu Beiträge von 30 Opfern, Angehörigen, Vertretern des Jesuiten-Ordens und Politikern gesammelt.
Bei der Recherche zu dem Buch (wurde Mittwoch im Alten Rathaus vorgestellt) kam ans Licht: Noch 2011, über ein Jahr, nachdem die Vorwürfe publik geworden waren,
wurden Nacktfotos von Schülern gefunden. Die hält der Orden aktuell unter Verschluss.
Feature - Jesuiten und der Missbrauch: Eine nicht abgeschlossene Geschichte
Dass an katholischen Schulen Schüler sexuell missbraucht wurden, machte Klaus Mertes vor vier Jahren öffentlich. Der Rektor des Canisius-Kollegs in
Berlin löste eine Welle aus. Nicht überall. In Bonn fehlt die Offenheit.
Sendung zum Thema auf der Basis des Buches "Unheiliger Berg"
Neugier genügt | 20. März 2014, 10.05 -
12.00 Uhr
-
-
Alle Vorwürfe ausgeräumt? - Das Aloisiuskolleg in Bonn
Der Rektor des Canisius-Kollegs in Berlin, Klaus Mertes, hatte den Anfang gemacht: Er war den Vorwürfen, dass es in seiner Schule in den 70er und 80er Jahren zu
sexuellem Missbrauch an Schülern gekommen sei, nachgegangen und hatte damit vor gut vier Jahren eine Welle ausgelöst: Immer mehr Missbrauchsfälle in kirchlichen und reformpädagogischen
Schulen wurden bekannt, Aufklärung zugesagt. Durch Klaus Mertes gewann der Jesuitenorden das Image, dass er ernst mache mit der Aufdeckung der dunklen Vergangenheit.
Aber die Dinge liegen wohl nicht so eindeutig: Gestern (19.3.) ist ein Buch erschienen über die Missbrauchsfälle am Bonner Aloisiuskolleg der Jesuiten und deren
Aufarbeitung. Darin wird deutlich, dass man in den Jahren 2004 und 2007 eben genau anders als später Mertes am Canisius gehandelt hat, man hat Vorwürfe klein gehalten und ist ihnen nicht
nachgegangen.
Autor: Christoph Fleischmann
Redaktion: Mark vom Hofe
http://www.wdr5.de/sendungen/neugiergenuegt/feature/jesuitenmissbrauch100.html
http://www1.wdr.de/.../audiomissbrauchamaloisiuskollegmac...
WDR Lokalzeit Bonn, 19.März 2014, 19.30 Uhr
Neues Buch über Opfer des Aloisiuskollegs
-
Über die Geschehnisse am Bonner Aloisiuskolleg berichtet die Lokalzeit seit langem. Weit über tausend Fotos hat ein früherer Rektor
von Schülern gemacht. Fotos in teils fragwürdigen Posen. 2010 kommt dann heraus: sechs Jahrzehnte lang wurden auf dem Schulgelände Kinder missbraucht, die Betroffenen brechen auch in der
Lokalzeit erstmals ihr Schweigen. Jetzt erscheint ein neues Buch mit dem Titel „Unheiliger Berg“, in dem die Opfer ausführlich zu Wort kommen.
http://www.ardmediathek.de/wdr-fernsehen/lokalzeit-aus-bonn/lokalzeit-aus-bonn?documentId=20273580
ab Minute 8.30
Lokalzeit aus Bonn
WDR 2, Radio-Nachrichten
Buch über Missbrauchsfälle am Bonner AKO: (13.43 Uhr)
Die Journalistin Ebba Hagenberg-Miliu hat ein Buchband mit dem Titel „Unheiliger Berg“ veröffentlicht. Das Buch beschäftigt sich mit dem Missbrauchsskandal am
Bonner Aloisiuskolleg (AKO). 2010 wurden dutzende Fälle sexuellen Missbrauchs an dem Jesuiten-Kolleg bekannt. Der Titel spielt auf den Namen „Heiliger Berg“ an; den Namen unter dem die Schule
im Volksmund bekannt ist. Seit der Publikmachung der Fälle ringen der Orden, die Opfer und das Kolleg um Richtigstellung und Wiedergutmachung. Hagenberg-Miliu hat in ihrem Buch insgesamt 30
Beiträge von Opfern, Ordensvertretern und ehemaligen Schülern zusammengetragen.
Stand: 19.03.2014, 13.43 Uhr
Nachrichtenagentur epd. 19. März 2014
Neues vom «unheiligen Berg» - Buch zum Missbrauchsskandal am Bonner Aloisiuskolleg
Von Claudia Rometsch (epd) =
Bonn (epd). Ein Park umgibt die weißen Schul- und Internatsgebäude auf einer Anhöhe im Bonner Stadtteil Bad Godesberg: Von außen betrachtet scheint das Aloisiuskolleg
eine heile Welt zu sein. Doch im Verborgenen spielten sich dort Dramen ab. 2010 wurden Dutzende Fälle sexuellen Missbrauchs an dem
Jesuiten-Kolleg bekannt. Erstmals lässt nun ein Buch die Opfer zu Wort kommen.
In dem Band unter dem Titel «Unheiliger Berg» hat die Journalistin Ebba Hagenberg-Miliu Beiträge von 30 Opfern, Angehörigen, Ordensvertretern, Missbrauchsexperten,
Lokalpolitikern und Ex-Schülern zusammengefasst. Der Titel spielt auf die exponierte Lage der Eliteschule auf der im Volksmund «Heiliger Berg» genannten Anhöhe an.
Da schildert ein ehemaliger Schüler, wie er immer wieder
nachmittags zu einem Pater bestellt wurde, der ihn in seinem
Arbeitszimmer stets nach dem selben Ritual sexuell missbrauchte. Andere Internatsschüler berichten von einem Pater, der sie nackt beim Duschen zu beobachten pflegte und
dann oft auch Hand anlegte, um Jungen einzuseifen. Immer wieder mussten Jungen nackt für Fotos des früheren Schulleiters
posieren.
Insgesamt listet ein unabhängiger Bericht der Rechtsprofessorin Julia Zinsmeister 18 Täter und rund
60 Opfer auf. Dabei reichen die Fälle von den 1950er Jahren bis in das vergangene Jahrzehnt. Viele Opfer litten in der Folge des Missbrauchs
ihr Leben lang an psychischen Problemen und unter der Unfähigkeit, vertrauensvolle Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Noch während
das Buch entstand, versuchte einer der Betroffenen, sich das Leben zu nehmen.
Seit die Fälle von Missbrauch 2010 erstmals publik wurden, ringen der Orden, das Kolleg und die Opfer um
Aufklärung und Wiedergutmachung. Zwar zogen der Orden und das Kolleg Konsequenzen: Die Kollegsleitung wurde ausgetauscht, unabhängige Untersuchungsberichte in Auftrag gegeben und ein
Präventionskonzept entwickelt. Aber bis heute fühlen sich die Betroffenen mit ihrem Leid allein gelassen.
«Alles, was bislang zur Aufarbeitung erfolgte, musste von den Betroffenen eingefordert werden,» stellt Heiko Schnitzler, Geschäftsführer der
Betroffenen-Gruppe «Eckiger Tisch», fest. Bis heute gebe es keinen Dialog auf Augenhöhe, kritisiert ein Opfer. Die Expertise Betroffener sei
bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals nicht erwünscht.
Einen ersten Schritt zum direkten Dialog zwischen dem Orden und den Betroffenen liefert nun das neue Buch mit einem Gespräch zwischen dem ehemaligen
Internatsschüler Heiko Schnitzler vom «Eckigen Tisch» und dem heutigen Internatsleiter Christopher Haep. Dieser räumt auch seine individuelle Schuld ein. Es habe eine kollektive
«Beziehungsblindheit» unter den Patres und Mitarbeitern an der Schule gegeben, die Hinweise auf Missbrauch ausgeblendet hätten.
Ein brisantes Ergebnis des Gesprächs: Noch 2011 wurde ein Paket mit Nacktfotos von Schülern gefunden, von
denen die Betroffenen bislang nichts erfuhren. Sie liegen nun beim Orden unter Verschluss. Hier wird eine Parallele zu der Affäre um
den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy offenbar. Dieser kaufte Bilder nackter Kinder und beharrt darauf, dass dies nicht verboten sei.
Strafrechtlich haben auch die vom früheren Schulleiter das
Aloisiuskollegs aufgenommenen und von der Staatsanwaltschaft untersuchten Nackt-Fotos keine Relevanz, denn sie zeigen keine Situationen sexuellen Missbrauchs.
Das große Dilemma der betroffenen ehemaligen Aloisiuskolleg-Schüler: In keinem einzigen Fall des
Missbrauchs können sie auf eine juristische Aufarbeitung hoffen. Der einzige Täter, der
noch strafrechtlich hätte belangt werden können, verstarb nicht lange nach Bekanntwerden der Fälle. Andere Taten sind
verjährt.
«Die Täter kommen davon, die Opfer ringen weiter um Anerkennung und Glaubwürdigkeit», beschreibt der Rechtsanwalt und Opferschutz-Experte Rudolf von Bracken die
Situation. Seine und die Forderung vieler Betroffener lautet: Die Verjährung für alle Sexualstraftaten an Kindern und Jugendlichen muss abgeschafft werden.
Rezension der Katkolischen Nachrichtenagentur kna:
Neues Buch über Bonner Aloisiuskolleg
Missbrauchsskandal | 19.03.2014 – Bonn/Stuttgart
Über die Missbrauchsfälle am Bonner Jesuiten-Gymnasium Aloisiuskolleg (AKO) ist ein neues Buch erschienen. Unter dem Titel "Unheiliger Berg" schildern 13
Opfer erlittene Demütigungen, wie der Verlag Kohlhammer am Mittwoch in Stuttgart mitteilte. Zudem enthält das Buch der Bonner Journalistin Ebba Hagenberg-Miliu Beiträge von
Bundesinnenminister und Altschüler Thomas de Maiziere (CDU), dem Autor Anselm Neft und dem Schauspieler Miguel Abrantes Ostrowski.
Der Titel nimmt Bezug auf das im Volksmund als "Heiliger Berg" bezeichnete Kolleg auf einer Anhöhe. Zu Wort kommen zudem die Sprecher des
Betroffenennetzwerks Eckiger Tisch, Matthias Katsch und Heiko Schnitzler, der aktuelle AKO-Rektor Pater Johannes Siebner und der Jesuit Klaus Mertes, der 2010 die Aufdeckung der
Missbrauchsfälle in Gang brachte.
Auch sein Ordensbruder Pater Godehard Brüntrup ist in dem Buch vertreten; er hatte Ende 2012 mit Christian Herwartz und Hermann Kügler das Buch
"Unheilige Macht" über die Missbrauchskrise herausgegeben und einen Nachfolgeband mit Stimmen der Opfer angeregt. Das Buch "Unheiliger Berg" gehe auf diesen Vorschlag ein, so der
Verlag.
2011 legte Sozialrechtlerin wissenschaftlichen Bericht vor
2011 hatte die Kölner Sozialrechtlerin Julia Zinsmeister einen wissenschaftlichen Bericht über die Übergriffe am AKO und der angeschlossenen
Freizeiteinrichtung "AKO-Pro-Seminar" seit den 50er Jahren vorgelegt. Erfasst wurden außer sexuellen Grenzverletzungen auch körperliche Misshandlungen und andere "entwürdigende
Erziehungsmaßnahmen".
Laut Bericht gibt es 23 Beschuldigte, davon 18 Jesuiten und 5 Laienmitarbeiter. Aufgenommen wurden Schilderungen von 58 namentlich bekannten Personen. 31
Berichte bezogen sich auf den Hauptbeschuldigten, einen inzwischen verstorbenen und bis vor wenigen Jahren in leitender Stellung am Kolleg tätigen Pater. Die Mehrzahl der
Beschuldigten war vor den 70er Jahren am Aloisiuskolleg aktiv, vier Ordensangehörige und zwei Laienmitarbeiter in den 70er bis 90er Jahren. (KNA)
Die Kritik verstummt nicht
2014 Neuerscheinung eines Buches zu den Vorkommnissen am Aloisiuskolleg
27.2.14 / Der Fall Edathy hat endlich die wichtige Diskussion um die Legalität nicht privater Kindernacktfotos aufgebracht. Dazu erscheint am 19. März im
Kohlhammer Verlag ein Sammelband, der exemplarisch die Aufarbeitung unterschiedlicher Formen von Machtmissbrauch an einer deutschen Vorzeigeschule bilanziert. Das Fotografieren nackter
Unterstufenschüler durch den ehemaligen Internats- und Schulleiter gehörte über viele Jahre zu diesem Missbrauch hinzu.
"Unheiliger Berg" ist ein Buch über den gar nicht so Heiligen Berg des Bonner jesuitischen
Aloisiuskollegs (Ebba Hagenberg-Miliu, Hrsg.) . Genau vier Jahre, nachdem die Betroffenen an die Öffentlichkeit gingen und der Rektor zurücktrat, wird das Thema aus den unterschiedlichen
Perspektiven diskutiert: von Betroffenen, deren Angehörigen, dem Kolleg, seinem Internat, Vertretern des Ordens, der Stadt, Lokalpolitik, Justiz und des Opferschutzes . Herzstück des Buches sind
jedoch die erschütternde Beiträge der Betroffenen. Gestandene Männer aus mehreren Generationen haben sich hier erstmals für die Öffentlichkeit ihren Gespenstern gestellt.
Links:
http://unheiliger-berg.jimdo.com/ Unheiliger Berg,
http://www.christundwelt.de/detail/artikel/die-nackte-ohnmacht/
Rezension in Radio BM, 20.03.14:
Unheiliger Berg – Das Bonner Aloisiuskolleg der Jesuiten und
die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals
Im Volksmund als „Der Heilige Berg“ Bonns bezeichnet, ist das
Aloisiuskolleg (AKO) mit seinem AKO-PRO-SEMINAR als Eliteschule der Jesuiten und Kaderschmiede der Nation bekannt. Anfang 2010 kam auch dort der Missbrauchsskandal ans Licht. (...)
Rezension im General-Anzeiger Bonn
11.03.14
Buch zum Missbrauchsskandal am Ako
Tiefe Einblicke in ein System der Gewalt
Von Bettina Köhl
BAD GODESBERG. Mitten in der aktuellen Diskussion über Nacktbilder von Kindern und die Edathy-Affäre erscheint am 19. März ein Sammelband, der beklemmende Berichte
von Betroffenen enthält.
Ehemalige Schüler des Bonner Aloisiuskollegs (Ako) und des Ako-Pro-Seminars schildern, wie sie von Jesuitenpatres und anderen Mitarbeitern gedemütigt, sexuell
missbraucht, beim Duschen beobachtet oder nackt fotografiert wurden.
Der Buchtitel "Unheiliger Berg" erscheint auf den ersten Blick etwas abstrakt. Es geht konkret um das Ako, in Bonn auch "Heiliger Berg" genannt, und die Aufarbeitung
des Missbrauchsskandals. Der Sammelband ist zugleich eine Fortsetzung des Buchs "Unheilige Macht", in dem drei Jesuitenpatres Ende 2012 erstmals die Rolle ihres Ordens aufgearbeitet haben. Darin
fehlten aber die Stimmen von Betroffenen und der genaue Blick aufs Ako.
In "Unheiliger Berg" wird der Machtmissbrauch am Ako aus allen Perspektiven analysiert: von Betroffenen und Angehörigen, Mitschülern, Vertretern von Schule, Internat
und Orden, von Politik, Justiz und Opferschutz. Besonders bemerkenswert ist das Gespräch zwischen dem heutigen Ako-Internatsleiter Christopher Haep und dem ehemaligen Internatsschüler Heiko
Schnitzler, das Hochbrisantes wie neue Funde von Nacktfotos 2011 und Selbstmordfälle von Ako-Schülern thematisiert.
Vor vier Jahren hatten sich erstmals Betroffene zu Wort gemeldet, Rektor Pater Theo Schneider trat zurück. Seither muss sich das Ako der Aufklärung zahlreicher Fälle
aus 60 Jahren stellen. "Das System Aloisiuskolleg überlebte seinen wichtigsten Täter, und selbst die beginnende Aufklärung konnte es zunächst nicht brechen", schreibt Matthias Katsch, Sprecher
des "Eckigen Tischs" in seiner Einführung aus Sicht der Betroffenen.
Man fragt sich beim Lesen unweigerlich, wie sich an der Eliteschule eine Kultur entwickeln konnte, in der offenbar niemand Anstoß an den Fotos nackter Jungen nahm,
die sichtbar an den Wänden des Internats hingen. Haben mehrere Generationen von Eltern, Lehrern und Mitschülern nichts gemerkt? Und wie hätte man sich selbst in dieser "Spirale des Schweigens"
verhalten, wie sie Pater Georg Maria Roers beschreibt?
Anselm Neft, der als nicht selbst betroffener, ehemaliger Ako-Schüler beim Eckigen Tisch mitarbeitet, beschreibt eine "gewalttätige und willkürliche
Auslesemaschine", in der demütigende Grenzverletzungen die Regel waren. Der verstorbene Pater Ludger Stüper wird im Buch wie in "Unheilige Macht" als Täter namentlich genannt, andere Beschuldigte
tragen Pseudonyme.
In den Berichten der Betroffenen aus verschiedenen Jahrzehnten entblößen sich die Opfer aufs Neue. Aber sie haben selbst in der Hand, was sie preisgeben, wie sie das
Erlebte formulieren. Sie kämpfen immer noch um Anerkennung, denn es gibt Stimmen, die meinen, dass ein paar Fotos einem erwachsenen Mann nicht mehr schaden könnten. Die neuen Texte machen
deutlich, wie perfide, zum Teil gewalttätig und vielschichtig das "System Ako" war, und dass es eine regelrechte "Tradition des Missbrauchs" gab.
Bei der Einordnung der Texte und Personen helfen die Fußnoten der Herausgeberin. Jesuitenpater Godehard Brüntrup, einer der drei Herausgeber von "Unheilige Macht",
schreibt in seiner Einführung zum neuen Buch: "Dass die Betroffenen in diesem Band schonungslos offen reden, ist ein Beleg dafür, welches Vertrauen sich Frau Hagenberg-Miliu erworben hat."
Verständlicherweise sei solch ein Vertrauen in die drei jesuitischen Herausgeber nicht gegeben gewesen. "Daher ist dieses neue Buch so wichtig."
Mehrere Beiträge des insgesamt 288 Seiten starken Sammelbandes sind den Themen Prävention und weitere Aufarbeitung gewidmet. Der heutige Ako-Rektor Pater Johannes
Siebner schildert das Dilemma einer Schul- und Internatsgemeinschaft, die den Alltag mit Projekten, Feiern und Konzerten lebt, und zugleich Ort des Schreckens war. "Wir müssen weiter reden", sagt
er. Ein Schlussstrich sei nicht möglich. Um künftige Schülergenerationen zu schützen, setzt Siebner auf eine Kultur der Wachsamkeit, nicht auf Misstrauen.
Die Herausgeberin Ebba Hagenberg-Miliu ist promovierte Germanistin, Journalistin und mehrfache Buchautorin. Über das Thema berichtet sie seit Anfang 2010 lokal für
den General-Anzeiger Bonn und bundesweit für die Nachrichtenagentur epd. Mit ihr sprach Bettina Köhl.
Info
Ebba Hagenberg-Miliu (Hrsg.), Unheiliger Berg. Das Bonner Aloisiuskolleg der Jesuiten und die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals, Verlag W. Kohlhammer 2014 , ISBN
978-3-17-025130-4, 288 Seiten, ab 19. März, Preis 29,90 Euro. http://unheiliger-berg.jimdo.com/
Artikel vom 11.03.2014
Buch zum Missbrauchsskandal am Ako: Tiefe Einblicke in ein System der Gewalt | GA-Bonn - Lesen Sie mehr auf:
http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/bad-godesberg/Tiefe-Einblicke-in-ein-System-der-Gewalt-article1296295.html#plx1371631605
Anselm Neft
noch vor Erscheinen am 22.02.14 auf facebook:
Am 12. März erscheint im Kohlhammer-Verlag ein vielschichtiges und brisantes Buch über den (sexuellen) Missbrauch von Schutzbefohlenen am Jesuitengymnasium
"Aloisiuskolleg" in Bonn Bad Godesberg. Dabei gab es in dem untersuchten Zeitraum von den 1950ern bis 2011 keinen Monat, an dem nicht mindestens ein Missbrauchstäter an dem elitären Bonner
Gymnasium angestellt gewesen ist.
Die Herausgeberin Ebba Hagenberg-Miliu sammelt in dem Buch nicht nur die Erfahrungsberichte von Betroffenen, sondern auch die
Positionen nicht missbrauchter Altschüler, des aktuellen Rektors, des derzeitigen Internatsleiters, des umtriebigen Jesuiten Klaus Mertes (ehemals Rektor des ebenfalls von einer
Missbrauchs-Historie mitgeprägten Canisiuskollegs), von Matthias Katsch (Sprecher der Betroffenen-Inititiative "Eckiger Tisch"), Drohnen-Spezialist Thomas de Maiziere (Ako-Altschüler) und
Expertinnen wie Angelika Maria Wahrheit (Leiterin des Familiendezernats) und Conny Schulte (Bonner Beratungsstelle für sexualisierte Gewalt). Das Buch beleuchtet dabei intensiv die gewalttätigen
Strukturen des Aloisiuskollges, den Umgang Verantwortlicher mit den Übergriffen und dem Öffentlichwerden der Missstände. Das Buch bietet auch Ausblicke auf verbesserte Prävention und nachhaltigen
Schutz für Heranwachsende an Institutionen wie dem Aloisiuskolleg. Enthalten ist ein ausführliches Gespräch zwischen einem betroffenen ehemaligen Schüler und Internatsleiter Christian Haep, der
ebenfalls früher Schüler auf dem Aloisiuskolleg gewesen ist. Ich habe zu dem Buch zwei Artikel beigesteuert. Der eine beschäftigt sich mit der "Elite-Schule" allgemein, der andere mit der
fragwürdigen Rolle, die der ehemalige Rektor Pater Theo Schneider bei den Übergriffen der letzten Jahrzehnte gespielt hat.
https://www.facebook.com/valerie.hasenhelm